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Montag, 11. Juni 2012

Der Weg zum Glück


West nach Ost. 4000 km. Ein Katzensprung im Tigerjet. Ein Ort mit wenig Beinfreiheit, aber mit viel Platz für Gedanken. Wir fliegen nach Melbourne. Die Stadt lebenswerteste Stadt der Welt. Die Stadt der Einwanderer. Die Stadt der Delikatessen. Die zwei Jungs ohne Plan. Mein Freund, dessen Name nicht genannt werden darf, versichert mir, dass er als ehemaliger Pfadfinder immer Heim gefunden hat. Zum Glück. Das Hostel liegt in St.Kilda, einem Vorort von Melbourne, bekannt für Musik, Kunst und Kuchen. Ja Kuchen, darauf komme ich später noch zu sprechen. Wie wir dort hinkommen wissen wir natürlich nicht, aber ich habe ja einen Ex- Pfadfinder an meiner Seite. Der hat zwar keinen Kompass zur Hand, aber kann zumindest den Busfahrer am Abholterminal fragen, wie wir dorthin kommen. Dieser lotzt uns dann direkt in die Hände von Jim, ein AirportShuttleBusfahrer, der uns gerne mitnimmt. Die Rechnung für den Transfer, ist auf Hans (Häääns) ausgestellt, weil der liebe Herr denkt Hansmeier sei Vor- und Nachname. Egal, das bedarf nach drei einhalb Stunden Flug  keiner Erklärung. Dann bin ich halt Hans. Hans begleitet mich ab diesem Zeitpunkt auf meiner Reise.

Wer kennt ihn nicht den Hans im Glück?

Die Glücksträhne beginnt damit, dass der ShuttleBus ohne Stop nach St. Kilda fährt und noch besser wird es, weil die Haltestelle genau vor unserem Hostel ist. TravellersMotelStKilda. Sechsbettzimmer. Nicht so schlecht wie erwartet, aber nicht zu vergleichen mit dem was die Reise noch so zu bieten hat. Unsere Glücksfee schläft im Bett nebenan. Man kommt ins Gespräch und die nette junge Dame mit dem charmanten bayrischen Dialekt, bewegt die faulen Jungs dazu am nächsten Tag mit ihr in die Stadt zu fahren. Kurzer Einschnitt. Die erste Nacht im Hostelbett war grauenhaft. Ich bin zu groß und das Bett war zu klein. Schlechte Kombination wenn man schlafen will. Zurück zum Stadtbesuch.
Mein Herz schlägt jedes mal höher, wenn ich in neue Städte komme. Jede Stadt erzählt ihre eigenen Geschichten, hat ihr eigenes Tempo, ihre Gerüche und Klänge. Alle Sinne werden aufeinmal voll beansprucht. Wir laufen umher schießen Fotos und genießen jeden Schritt in dieser faszinierenden Stadt. Von unserer netten Begleitung kriegen wir den Tipp mal im Internet nach günstigen Unterbringungen zu schauen, die meist komfortabler und preiswerter als Hostel sind. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich finde auch etwas, zuerst bin ich etwas verwundert. Apartment. Mit Pool, Sauna und Jacuzzi. 22,50 pro Nacht. Genau meine Liga. Man kann es ja mal versuchen. Das Hostel haben wir zunächst nur für zwei Nächte gebucht, zum Glück. Denn das Glück lies wiedermal nicht lange auf sich warten. In der Tram ( Straßenbahn) auf dem Weg zurück nach St. Kilda versuchen wir das bayrische Madel dazu zu bringen uns mit ihrem Auto doch bis nach Sydney zu fahren, denn dort muss sie Auto für die Versicherung ummelden und für uns wäre es eine gute Gelegenheit noch etwas vom Land zu sehen. Zu früh gefreut. Es kommt alles anders. Eine zweite Glücksfee mischt sich zufällig in unser Gespräch ein und erklärt unserer noch zu überzeugenden Mitfahrgelegenheit, dass dieser Weg nicht nötig sei und man dies auch Telefonisch abhandeln könnte. Toll. Wir werden mit Sicherheit keine Freunde, es sei denn du hast für Morgen ein Sofa für uns zu Verfügung auf dem wir eine Nacht schlafen können? – Ja, hab ich.
Bingo.
Am Abend lernen wir noch das Nachtleben in St. Kilda kennen, haben Spaß, hören Jazz und essen Kuchen. Käsesahnetorte mit Schokoladensoße. Es ist elf Uhr Abends. Jeder gute Abend sollte mit einem Stück Kuchen beendet werden. Lecker. Die letzte Nacht im Hostel, wieder eine Qual. Aber es sieht ja nach Besserung aus. Wir verbringen den Tag in der Stadt, fahren InnerCityCircle, essen in einem malaysischem Restaurant zu Abend. Die nächste gute Nachricht folgt. Ihre Buchung ist bestätigt. Seasons Hotel, Melbourne. Ok?
Unsere Koffer hatten wir Tagsüber in unserer einstigen Hoffnung auf Mitfahrgelegenheit, einem silbernen Toyota, verstaut. Den Weg zur Wohnung der Glückfee Nummer 2 legen wir zu Fuß zurück. Es sind nur 15 Minuten, die sich wie es sich später noch herausstellt auch zu 45 Minuten werden können. Die junge Dame nimmt uns gerne auf, entlässt uns aber ganz schnell wieder da sie ihre Hausarbeit für die Uni noch fertigstellen muss. Wir haben damit kein Problem, laufen zurück zum Hostel und haben einen guten Abend. Wir trinken, lachen, machen Sachen.  Als alle ins Bett gehen, machen wir uns auf den Rückweg. Mittlerweile ist es dunkel, aber ich habe ja einen erfahrenen Pfadfinder an meiner Seite. Ich sage wir gehen am Kreisverkehr rechts, werde aber schnell vom Pfadfinder Oberrudelführer eines besseren belehrt. Wir gehen alle drei übrigen Straßen die aus dem Kreisverkehr führen ab, bis eingesehen wird, dass mein Weg doch der Richtige war. Ich dachte er könne die Sterne lesen oder fährten Schnuppern, dabei war er wohl selbst sternhagel voll. Ich schlafe später ausgezeichnet.
Am nächsten Morgen verlassen wir die Wohnung um unsere neue Bleibe zu betrachten. Sprachlos, holen wir uns unseren Schlüssel an der Lobby ab. 5 Sterne Hotel. Direkt am botanischen Garten, zehn Minuten zu Fuss in die Stadt. Man blickt aus dem Zimmerfenster und genießt eine wunderschöne Aussicht. Wir sind glücklich. Wir teilen das Zimmer mit einer polnisch, kroatischen Kombination, die gemeinsam in den USA gelebt hat und uns einen hervorragenden Aufenthalt ermöglicht haben. Wir waren am Shrine of Remembrance, der nur eine Gehminute entfernt ist, nehmen den CityBus und erkunden die Stadt. Kaufen Kiwi´s auf den Victoria Markets und essen Pizza im italienischen Viertel in South Melbourne. Am Tag vor der Abfahrt schauen wir uns noch ein Australian Football Game im größten Stadion Australiens an. 100 000 Sitzplätze. Das MCG. Es ist spektakulär, eine unsagbare Erfahrung.

Am Abend organisieren wir einen Jucy Campervan um mit ihm von Melbourne nach Sydney zu fahren. Ein echter Roadtrip. Ein wahres Abenteuer.
Wir holen am Morgen noch zwei deutsche Mädels ab und setzen uns mit dem Van in Bewegung. Der Jucy Van. 250 PS. 3,5l. Das Lenkrad auf der falschen Seite. Nachdem wir uns durch den Großstadtjungle Melbourne gekämpft hatten und ich schon Armschmerzen vom vielen Kreuzzeichen machen hatte, läuft es auf dem Freeway erstaunlich gut. Problem nur, das Tempolimit von 110 km/h. Nach neun Stunden fahrt durch Wind und Regen,  kommen wir an einem Parkplatz kurz vor Canberra an. Wir wollen nur noch schlafen. Sitze umgeklappt und Augen zu.

Achja das Wetter. Ich hatte es fast verdrängt. Es ist Winter in Australien. Ja hier gibt es Winter. Und ja der Winter kann kalt werden. Unterscheiden tuen sich der australische Winter und das übliche Klima in Paderborn nur  gering. Es Regnet. Regnet. Und regnet.

Canberra, die Stadt, die nur die Hauptstadt wurde, weil sich Sydney und Melbourne nicht einigen konnten,  hat nicht sonderlich viel zu bieten. Das National Museum ist äußerst interessant, leider haben wir zwei Passagiere an Bord, die nicht sonderlich an Kultur interessiert sind und auch so nicht wirklich eine Meinung hatten. Drum geht es weiter. Ich übernehme die Aufgabe und fahre in den Städten. Mein Pfadfinder Freund navigiert. Doch die Zusammenarbeit zwischen dem GPS und ihm war nicht von Erfolg gekrönt. Wir haben uns so oft verfahren, dass wir beinahe den ganzen Weg nochmal als Umweg zurückgefahren sind. Ich habe wirklich versucht ruhig zu bleiben. Ebenfalls erfolglos.

Unser Weg führt uns ins Kangaroo Valley. Laut Lonely Planet gehört dieses zu den sehenswertesten Orten in Australien. Ein Muss. Und nun finde den Fehler. Es ist Winter. Kanu fahren, Wasserfälle, versteckte Seen, Wanderwege, atemberaubende Aussicht - funktioniert nicht wirklich. Ein Abenteuer ist es dennoch. Ein fast 3 Meter hoher Campervan, vollbeladen, mit ordentlich Dampf unterm Kessel ist nicht so leicht durch 25 km abfällige Serpentinenstraßen zu rangieren, dazu kommt ein Sturm, der über die Ostküste tobt. Es liegen Bäume auf der Straße und die Sicht beträgt maximal 10 Meter. Das Ergebnis. In jedem Fall könnte ich nun sicherlich die Ralley Paris-Dakar mit einem Rechtslenker bewältigen. Ich entschuldige mich jetzt nocheinmal schriftlich beim lieben Gott für das viele Fluche. Entschuldigung. Nach einer weiteren nassen Nacht fahren wir über Wollongong nach Sydney. Wir sehen faszinierende Bilder, weiße Strände, die auch bei schlechten Wetter einfach unglaublich schön sind. Unsere Vierergespann löst sich am Bondi Beach auf. Der Oberrudelführer und ich parken den Van auf einem Zeltplatz, auf dem wir zwei Nächte verbringen. Als wir am Parkplatz ankommen, geschieht das unfassbare. Die Sonne lacht. Wir haben zwei Tage strahlenden Sonnenschein und sind begeistert von Sydney. Opera House. Parks. Harbour Bridge. Town Hall. Chinatown. Wir treffen Freunde, die uns auch schon nach Melbourne folgten. Welch ein Glück! Apropo Glück. Jetzt kommt nochmal das Glück zurück ins Spiel, wir finden eine Wohnung, die von der Lage mit nichts zu vergleichen ist. Der berühmte Hyde Park ist in Sekunden zu erreichen, das Rathaus in unter einer Minute.  Das Apartment. 41. Stockwerk. Über den Dächern der Stadt. 

Wir verbringen die gesamte Woche im Kern Sydneys. Im Zentrum der Weltmetropole und fühlen uns als wären wir ein Teil von Ihr. Wir lieben es. Wir leben es. Wir fordern es. Wir genießen es. Und wenn man aus dem Fenster in die Ferne schaut, dann fühlt man es auch. Das ist es, was das Leben so Lebenswert macht. Ich bin zufrieden und das war ich selten, ich habe auf dieser Reise mehr über mich und das Leben gelernt, als ich mir jemals hätte erträumen lassen. Ich bin stolz eine Familie und Freunde zu haben, mit denen ich diese Gedanken und Erfahrungen teilen kann. Ich wünschte ihr könntet hier sein und dieses Glück mit mir teilen, denn ihr seid das wahre Glück. Das Glück, ohne das ich nicht der wäre der ich bin und nicht das erreichen könnte, was ich mir wünsche. Ich bin wunschlos Glücklich.Und danke an meinen Pfadfinder.