Translate

Montag, 20. Mai 2013

Liebes wildwechselndes Tagebuch, Teil 5

gewidmet: dem stolzen Vater, seiner Frau und seiner wunderschönen Tochter


Man! 
Ich fühle mich wie ein angefahrenes Reh. Seit Tagen vegetiere ich vor mich hin. Wie bin ich nur in dieses scheiß Unglück geraten? Warum konnte ich mich nicht für einen einfachen, sicheren Weg entscheiden. Stattdessen rannte ich mitten ins Verderben. Vermutlich hat mich der Lichtkegel den Maya ausstrahlt, wie ein Reh auf der Straße in eine kurze Schockstarre versetzt. Als ich dann realisieren konnte was da gerade geschieht war es wohl schon zu spät. Voll erwischt! Du Fisch! Zappelst am Haken. Wildwechselnde Gefühle. Wildwechsel. Fisch oder stirb. Fuck. Freiwild. Bin ich Freiwild? Nein. Frei bin ich nicht! Wild auch nicht mehr! Frei bewegen wie ein Fisch im wilden Wasser kann ich mich schon lang nicht mehr. Ich hab mich für den falschen Weg entschieden und mich im einem Fischernetz voller miserabler Gefühle verfangen oder um beim Wildwechsel zu bleiben, mich hat es voll von der Bahn gefetzt. Der Weg ist das Ziel, schlecht nur, wenn man sich nicht mehr auf dem Weg befindet und wenn man doch den Weg zurück findet, sollte man zumindest laufen können. Ich frage mich gerade, ob ich aus Instinkt gehandelt habe, wie ein Reh oder ob ich mir für meine Lage die Schuld selbst zuweisen muss? Dann wäre ich im Prinzip nie frei gewesen. Dann schränkt mich meine biologische Natur ja schon völlig ein. Dann ist der Mensch auch nicht frei geboren und liegt schon als Säugling in Ketten? Das wird mir hier zu philosophisch, das sollte man besser Menschen überlassen, die wissen was die Welt beschäftigt. Ich bin von der Realität und vom ganzen Prozess des Existierens in den Prozess des Vegetierens geraten. Eigentlich existiere ich nur auf dem Papier, meinen Körper kann man schon fast nicht mehr Gestalt nennen. Ich bin ein Wesen. Ein Brief hat mir den Todesstoß versetzt. Ein Brief von Maya.

Der Brief trägt den Titel: "Warum ich dich nicht lieben kann!"

Ich weiß nicht, ob ich den Brief einfach komplett zitieren soll damit er für immer einen Platz in meinem Tagebuch erhält oder ob ich nur die Teile herausnehme, die am schmerzhaftesten sind. Kritische Briefanalyse also. Wie beim Chandos Brief, und der Typ hat schon rumgeheult, weil er sich in einer Schreibkrise befand, aber das was jetzt kommt ist wirklich harter Stoff und hat mich in einen tiefen Graben der Verzweiflung befördert. Der Schmerz sitzt Tief und diesmal hat das nichts mit verbrannten Flügeln bei Flugversuchen oder Bruchlandungen zu tun. Diesmal hat mich ein Panzer erwischt. Es beginnt tragisch und endet noch viel tragischer.

" Joern, damit du es endlich mal raffst. Damit du endlich mal verstehst, dass ich dich nicht will. Damit du endlich mal wieder klar kommst." 

So fängt das ganze an. "Damit ich es endlich mal raffe." Die Anapher ist zumindest sprachlich ein nettes Stilmittel, aber der Inhalt ist krass. Ich meine als würde der Titel nicht schon genug aussagen. Sie hasst mich. Und immer wieder dieses "endlich" damit mir das Ende auch wirklich bewusst wird. So viel zum Anfang, eigentlich will man jetzt schon nicht mehr weiterlesen, aber es wird spannend versprochen.

" Joern. Ich kann und will dich nicht lieben. Ich habe dich nie geliebt. Ich habe es zwar gesagt -ja- und da können wir noch tausende Male drüber diskutieren, aber es war keine Liebe. Mit Arno erfahre ich was wahre Liebe ist. Unabhängig vom Alter. Unabhängig vom Aussehen. Unabhängig von all dem Schlechten auf dieser Welt. Ich liebe ihn aufrichtig. Und ich will, dass du das begreifst."

Ich - Ich - Ich da sieht man mal wieder ihren scheiß Egoismus. Also hat sie mir etwas vorgespielt, sie hat mich nie geliebt, bei all dem, was ich für sie getan habe oder tuen würde. Das ist bitter. Wie konnte ich so blind sein? Habe ich mir selbst etwas vorgemacht? Und dieses kack Unabhängig dreimal zu wiederholen, was soll das? Meint sie ich hab ihr irgendwelche Freiheiten genommen? Meint sie vielleicht, dass ich Oberflächlich bin? Was war der Grund warum ich sie mich nicht lieben kann? Weiter im Text.

" Joern. Arno und ich werden heiraten. Wir planen eine große Familie. Wir wollen, und das wirst du sowieso nicht verstehen, in einer Kommune mit Gleichgesinnten Leben."

Moment mal, Gleichgesinnte, sind wir hier bei Winnetou oder was? Und was zum Teufel heißt Kommune? Ist das so ein Sektending? Hat sie nicht am Anfang gesagt, damit ICH es endlich mal raffe? Jetzt check ich nichts mehr. Kranker Shit.

" Joern. Das sich mein Leben so grundlegend verändert hat, hat folgende Gründe. Arno ist nicht nur bald mein Mann, sondern auch mein Dom. Ich erfülle einen Subvertrag und das möchte ich dir klar machen, damit du endlich verstehst, dass deine Versuche zwecklos sind. Er darf über mich bestimmen und aus diesem Grund schreibe ich dir, Arno will das so. Er sagts, ich mache. Verstehst du? Ich mache es aber auch, weil ich es will, weil es mich befriedigt ihn zu befriedigen. Denn Arno ist im Gegensatz zu dir ein echter Mann, Arno weiß genau was er will. Du warst nett, mehr aber auch nicht."

In was für eine bekloppte Geschichte, bin ich hier bitte hinein geraten? Dom? Subvertrag? Das soll Liebe sein? Ich bin im falschen Film. Und ich bin ich nicht Männlich genug? Sie meint wohl dominant. Ich hab den Mist mal gegoogelt. Dazu muss ich sagen, dass das heutzutage wohl nicht selten praktiziert wird. Doch für mich hat das alles nichts mit Liebe zu tun, dass machen Menschen denen eindeutig etwas fehlt. Er ist also der Dominante und sie seine Sklavin bzw. Sub. Alter, was ist mit dem Mädchen los? Wir sind doch hier nicht bei Shades of Grey, der Typ trägt ein Nachthemd und keinen Versaceanzug. Und zu mir sagt sie, ich sei krank. Ein perverses Schwein?! So langsam Frage ich mich, wer hier endlich mal etwas verstehen muss. So etwas kann man doch nicht sein Leben lang mitmachen. Die will ihn heiraten! Und "Unabhängig" ist hier gar nichts. Die hat nen Schaden, wenn ich das mal so sagen darf. Habe ich mich wirklich so sehr in ihr getäuscht? Ich laufe ihr Jahre hinterher und weiß nichtmal wer sie ist? Das lähmt meinen ganzen Körper, das reist mir mein Herz raus. Ich bin einer in meiner Fantasie erschaffenen Illusion gefolgt. Das ist Würdelos und tragisch. Ich zweifle nun wirklich an mir selbst. Wie konnte mir das passieren? Zum Schluss noch.

"Joern. Ich bitte dich also, dich von mir physisch und mental komplett zu lösen, damit der spirituellen Verbundenheit zwischen mir und Arno keinerlei Barrieren im Weg stehen. Du wirst es verstehen! Tschüß Maya"

Anscheinend hat sich ihr Hirn aufgelöst. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Das trifft mich echt, obwohl es lustig klingt. Ich glaub es wird wirklich Zeit, dass ich ein Mann werde und mich nicht mehr von so einem Mist runterziehen lasse. Die wahre Liebe gibt es hier in der Realität und nicht in irgendeiner abgespackten Kommune oder während des Prozesses des Vegetierens. Ich muss zurück auf die Straße, egal ob bei Tag oder Nacht. Gut das ich kein Reh bin und aus solchen Zusammenstößen lernen kann. Soll sie doch mit ihrem dominanten Nachthemdträger Arno glücklich werden. Die Sub ist abgefahren und mich wird es nicht nochmal so leicht erwischen. Danke liebes Tagebuch.



Montag, 22. April 2013

Liebes liebe Tagebuch, Teil 4

gewidmet: Allen Rosengärten.


Es ist wieder soweit. Zum Glück kannst du mir liebes Tagebuch keine Standpauken halten. Natürlich gab es Gründe warum ich ein paar Wochen nichts geschrieben habe. Oft ist es ja so, dass man Dinge wie ein Tagebuch zu schreiben vernachlässigt, wenn es einem gut geht. Mir ging es auch gut und das kam ziemlich überraschend. Ich war abgelenkt, gut drauf und hatte wirklich ziemlich viel Spaß. Der Grund dafür wie könnte es anders sein... war eine Frau. Und was für eine. Sie hatte diese bezaubernde Art, die mich von Anfang an tierisch anzog. Ich lernte sie in einer Bar kennen, ja. In der Godzilla Bar. Das klingt nach Action und Hollywood, und genau das war es auch. Sie war gerade 20, hatte strahlend große blaue Augen und ein Lächeln zum verlieben. Als ich sie zum ersten Mal ansprach schien sie ziemlich reserviert und abgeneigt. Das war wie ein Tritt in die Weichteile, denn das hatte ich nicht erwartet, denn sie schien sympathisch, herzlich und offen, nur mir gegenüber war sie anders. Vielleicht bemerkte sie an meiner Ausstrahlung, dass mir die Sache mit Maya immer noch ziemlich nahe ging. Es schien als könnte sie mich lesen. Wirklich geheimnisvoll. Ihre Aura war magisch, in ihrer Nähe fühlte ich mich trotz unseres Altersunterschiedes irgendwie verloren. Hätte sie etwas von mir verlangt, ich hätte es ohne weiteres getan. Ich weiß nicht warum und wenn ich das so schreibe klingt es auch irgendwie weichlich, aber so war es, obwohl ich sie nicht kannte. Es war anders. Es war neu und extrem reizvoll. Vor allem reizte mich ihre spürbare Abneigung, nein Abneigung will ich es nicht nennen, sagen wir ihre Zurückweisung. Als ich nach ihrem Namen fragte schoss mir ein verachtungsvoller Blick entgegen. Ich erstarrte kurz. Dann floss er wie süßer Nektar durch ihre roten Lippen, die sich dabei zu einer kunstvollen Blüte formten. Ro - sa - lie. Wow. Früher hätte ich über so einen Namen gelacht, doch in diesem Moment war es für mich der schönste Name auf Erden. "Was guckste denn so blöd, wohl noch nie ein Mädchen mit dem Namen Rosalie getroffen, wa?!", bölkte mir ihre Freundin entgegen. Alter, darauf war ich gar nicht gefasst, wo kam die denn her und warum zum Teufel spricht die so mit mir. Zu der zurückhaltend schönen Venus, die ihr entzückendes Lächeln noch hinter einem Feigenblatt versteckte kam nun der Endgegner, der bekämpft werden musste, um die Prinzessin zu befreien. Der Endgegner hieß Heike. Man. Wo soll ich anfangen? Heike war kein zartes Pflänzlein! Nein, ganz und gar nicht. Heike war, wie sagte mein Opa immer so schön: " Ein Kerl, wie unser Omma." Heike war nicht nur unglaublich stark, Heike hätte auch locker zehn Kiezkneipen auf einmal bewirten können. Ich war total perplex und entschuldigte mich höflich, aber Heike lachte nur, kloppte mir fest auf die Schulter und sagte: " Ach, kein Ding mein Kleiner, dat wird schon." Ich hatte keinen Schimmer, was das zu bedeuten hat. Naja, wie dem auch sei. Das Gespräch zwischen mir und Rosalie war eher semiexistent, also eigentlich war ich nach dem Schulterklopfer ziemlich eingeschüchtert und wusste nicht so recht wie ich mit der Situation umgehen soll. Ich meine, wer legt sich schon gerne mit Godzilla´s Frau in seiner eigenen Kneipe an. Ein gutes hatte der Abend, ich bekam Rosalies Nummer und so eröffnete sich für mich eine neue Tür.
Vier verdammte Woche musste ich ausharren, bis Salie (so durfte ich sie mittlerweile nennen) mir die Chance auf ein Date gab. Erst dort fiel mir auf, dass das arme Geschöpf nicht zurückweisend war, sie war scheu. Sie war so lieb und unsicher auf den Beinen wie ein junges Reh. Natürlich wollte sie sich nichts anmerken lassen, aber ich durchschaute es ziemlich schnell. Mittlerweile verstehe ich auch, warum sie so wenig sagte, sie hatte einfach nichts zu erzählen, was mich irgendwie hätte beeindrucken können. Das soll jetzt nicht negativ klingen und auch nicht arrogant, ich empfinde es eher als spannend, denn so wird eine Frau schon fast zu einer Staffelei und der Mann zum Künstler. Andersrum kann es natürlich genauso sein. Zumindest bei mir.
Verstehen muss man dies so. Die Dame für die dein Herz in diesem Augenblick gerade schlägt, ist ein Kunstwerk, sie ist einzigartig, sie ist ein Meisterwerk, ihre Projektionsfläche ist audiovisuell. Oh man.
Dort findet die Kreativität im ersten Moment keine Grenzen. Reizüberflutung pur. Du wagst dich also an dieses Skulptur der Liebe heran und fängst an sie zu betrachten. Jeder der das Gefühl schon einmal erlebt hat von einem Bild, einer Situation, einem Meerblick, Sonnenuntergang, Feuerwerk oder einer Person beeindruckt worden zu sein, wird dies verstehen. Man möchte diesen Moment aufsaugen, aufnehmen, erleben. Der Unterschied ist nun, du wirst zum Künstler. Gemeint ist hier keine optische Veränderung, ich rede von einer viel größeren Bildfläche, ich spreche von der Fantasie, von der Seele und den Gedanken. Du setzt quasi das um, wofür wir Menschen gemacht sind. Zum teilen.
Du teilst mit dieser Person deine Gedanken, deine Gefühle, deine Ideen, deine Erinnerungen und das Ergebnis spiegelt sich auf der anderen Seite wieder. Dein Kunstwerk bekommt Farbe, wenn du mit deinen Worten etwas erreichst, wenn sich dein Gegenüber öffnet und es zulässt neue Nuancen aufzunehmen. Das nennt man kennenlernen oder einander erfahren. Klingt bei mir irgendwie, wie Kunstunterricht. Manchmal ist es leider so, dass auch ein Bild, für welches man Stunde um Stunde geopfert hat kein Meisterwerk wird. Das ist tragisch, aber es ist leider so. Man kann sich an solchen Stücken festbeißen, daran festhalten und hoffen, aber ich bin mir sicher, dass ein wahres Kunstwerk seinen Betrachter jeden Tag wieder neu erfreut und vielleicht sogar erheitert neue Nuancen hinzuzugeben, und so unendlich wird. Jetzt bin ich völlig abgeschweift, aber inhaltlich war das gerade quasi eine Zusammenfassung der Beziehung zwischen Salie und mir. Ich habe meine Rolle als Künstler in der ganzen Sache wohl etwas zu Ernst genommen, denn egal wie sehr ich versuche mich daran zu erinnern, was ihre eindrucksvollste Geschichte war, es kommt einfach nichts. Naja, bis auf die eine, aber die haben wir zusammen erlebt und auf die komme ich gleich auch noch zu sprechen. Sie ist nämlich der eigentliche Grund warum, ich wieder zum Tagebuch greifen musste, um meine Gedanken zu sortieren. Also Salie war eines dieser Kunstwerke, das keine Geschichte erzählen konnte, es war zwar schön und für den Betrachter eindrucksvoll, aber für mich fehlte das gewisse Etwas. Vielleicht ist fehlen hier auch das falsche Wort, aber das gewisse Etwas war es schon, was mich zur Aufgabe bewegt hat.
Also bis zu einem gewissen Zeitpunkt lief alles ganz gut. Ich redete, sie hörte zu. Wir trafen uns fast täglich, meist in ihrer kleinen Einzimmerwohnung. Sie wohnte ganz in meiner Nähe, aber ich empfand es als unangenehm sie Nachts noch allein mit dem Rad durch die Stadt zu jagen, also waren wir nur bei mir, wenn ich mal ganz faul war. So ging das mehrere Monate. Sie schlief immer so süß in meinen Armen ein, genau wie ich es mag, oder mit dem Kopf auf meiner Brust. Auch der Sex war gut, wir fanden nach und nach unseren Rhythmus und ich bekam nicht genug von ihr. Sie war sexy, roch so gut und ihr Körper war buchstäblich wie gemalt. Verführerisch war sie nicht, vielleicht einfach zu unerfahren. Ich fühlte mich wohl und bis dahin fiel mir auch noch nicht auf, dass ich seit Wochen Monologe führte. Ich höre mir eben gern zu. Es änderte sich alles, als sie plötzlich ausziehen musste. Sie zog zu ihrem Vater, der war meist eh nicht da, dieser verbrachte wohl jede Nacht bei seiner neuen Freundin. Salie erzählte nie viel über ihre Familie, sie sagte nur das ihr Dad ein Freigeist sei. Was auch immer das heißt?! Also jetzt weiß ich es, aber ich würde das nicht unbedingt als Freigeist bezeichnen. Wie dem auch sei, es kam zu einer besonders spektakulären Nacht, wo ich doch eben von Hollywood und Action gesprochen hatte. Ich kann vor weg nehmen, dass die Worte von Salies Freundin Heike ("Das wird schon") wohl von Anfang an als Aufmunterung zu verstehen waren. Es geschah folgendes. Ich blieb über Nacht bei Salie, in der Wohnung ihres Vaters, der Typ schien irgendwie orientalisch angehaucht zu sein oder so, aber das störte mich auch nicht, da er eh nicht da war. Naja, bis zu der besagten Nacht. Ich stand unter der Dusche, als sich plötzlich die Tür öffnete, dass ist ja im Prinzip nichts schlimmes, da man davon hätte ausgehen können, das Salie den Raum betritt. Es war ja auch nichts anderes zu Erwarten. Ich fragte sie ob sie mir mal schnell das Handtuch reichen könne, leider war der Duschvorhang so dicht, dass ich nicht sehen konnte wer wirklich vor mir stand. Auch, das " Ja,klar." als Antwort klang vertraut. Vertraut war es wirklich, denn die Dame, die mir statt Salie das Handtuch reichte, war MAYA. Fuck. Ich blickte am Vorhang vorbei und sah in ihre wundervollen Augen, die sich in Binnen von Sekunden in diese kalten grauen Schlitze verwandelten. Die Erinnerung an diesen Moment ist immer noch sehr verschwommen. Ich weiß nur, was sie sagte und das war wie immer sehr eindrucksvoll. " Du perverses Schwein, nur weil ich dich nicht will, vögelst du jetzt Arno´s Tochter. Du willst ihm damit nur eins auswischen, du mieser Penner. Ich hätte nie, nie hätte ich gedacht, dass du so krank bist." Sekunden später stand Motherfuckingschlappenträger Arno vor mir. Vor MIR, MIR dem Daughterfuckingsunburned Prinz Ikarus-Joern.
Unser zweites Aufeinandertreffen. Diesmal war ich nüchtern, diesmal hätte ich es ihm zeigen können, diesmal war er scheinbar unbewaffnet und eigentlich hätte ich ihm diesmal wirklich eins reinwürgen können. Wäre ich diesmal nicht völlig nackt gewesen. Das Handtuch, was mir Maya gegeben hat, war gerade groß genug um mir damit das Gesicht abzutrocknen. Das schlimmste an der ganzen Sache war Arno´s Reaktion. Ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr, aber er sagte in etwa soetwas wie, ach hi, wir kennen uns doch, cool, dann bist du also der neue Freund von meiner kleinen Rose. Meine kleine Rose. Deeeine kleeeine Rose will ich mir gar nicht vorstellen. Böh, Kopfkino. Man war das krank, wie kann ich nur immer wieder in solche Situationen geraten. Maya hörte nicht auf mich zu beleidigen, Rosenpapa Arno überhörte das und führte beinahe Freudentänze auf und war kurz davor für uns alle Kaffee zu kochen, damit wir uns wie alte Freunde mal zusammen setzen können.
Ich musste da raus. Mir blieb nichts anderes übrig. Zum Glück lagen mein Handy und mein Schlüssel wie immer auf der Kommode neben der Tür. Ich schnappte mir ein Bündel Kleidung und rannte aus der Bude, dabei stieß ich den Alten Mann versehentlich so hart zur Seite, dass er vornüber stolperte und mit dem Augen in eines seiner Räucherstäbchen fiel, es blieb nicht stecken, keine Sorge, aber es muss weh getan haben. Er schrie wie eine kleine Prinzessin. AU. Ich griff nach meinen Sachen und rannte in die Nacht. Immer noch nackt. In einer dunklen Ecke zog das an, was ich in der Eile im Bad gefunden hatte. Und. Ihr werdet es nicht glauben. Es war ein Nachthemd. Es war ein Nachthemd. Es war Mayafucking- Smokeyeye Arno´s Nachthemd. Welch Ironie des Schicksals und welch köstliches Bild, nicht verwunderlich warum ich mir dieses eindrucksvolle Gemälde nicht jeden Tag hab anschauen wollen. Natürlich war kurz darauf auch mit Salie Schluss. Ich meine wenn man allein bedenkt, dass ich mit Arno´s kleinen Rose Sex hatte.
So liebes liebe Tagebuch. Kann das Liebe sein? 

Donnerstag, 21. März 2013

Liebes dringend nötiges Tagebuch, Teil 3

gewidmet: meinem lieben Bruder


Riesenradbewegungsrichtungswechselschaltzentralenoffiziersuniformskappenhalterungsanlagenbedienungsausweis - Heizölrückstoßabdämpfung - Sicherungsausfallanzeigelampentransformator


Seit drei Tagen liege ich nun im Bett. Ich bin krank. Fette Grippe. Der Grund dafür wird der Ausfall unserer maroden Heizungsanlage sein. Der Installateur meinte, dass wohl die Heizölrückstossdämpfung kaputt sei und, dass es wohl ein paar Tage dauern würde die Generalheizung wieder fit zu machen. Ich frier mir den Arsch ab und gesund werde ich so auch nicht. Außerdem bekomme ich einen Lagerkoller, wenn ich den ganzen Tag im Bett liege und zu viel Zeit zum Nachdenken habe ich dadurch auch. Maya geht mir nicht aus dem Kopf. Dieser Abend geht mir nicht aus dem Kopf. Mayas Worte haben sich unter unendlich erscheinenden Schmerzen wie heiße Nadelstiche  in meine Seele eingebrannt - „Verpiss dich“. Dazu kommt, dass meine Augenlieder scheinbar  die Projektionsfläche für meine Erinnerung an den Moment sind in dem  sie die  Tür schloss und mich mit einem so verachtenden Blick aus ihrem Leben verbannt hat. Immer wenn ich die Augen schließe erscheint dieses unerträgliche Bild. Am schlimmsten aber sind die Alpträume, die mich Nacht für Nacht wachhalten, mich nicht zur Ruhe kommen lassen.  Obwohl, Nein! Eigentlich ist es nur dieser eine Traum, der sich ständig wiederholt. Auch meine kläglichen Versuche der Freud’schen Traumdeutung haben mir bis jetzt  bei der Interpretation des Traumes keinen sonderlichen Erkenntniszuwachs gebracht. Ich weiß nicht, wie dieser Traum zu Stande kommt? Ich weiß nicht, warum ich immer wieder an diesen Ort gelange? Ich weiß auch nicht genau, was das mit meiner Situation zu tun haben soll? Ich weiß nur, dass mir mein Unterbewusstsein irgendetwas zu sagen versucht.  Es scheint ein tragisches Possenspiel zu sein, in dem ich gefangen bin. Ich bin der Protagonist meiner eigenen fatalistischen Satire.

Erster Akt
Erste Szene
Rummelplatz

Ich: (leicht zerstreut und suchend) /
Ein alter Mann in Offiziersuniform: „Steigen sie ein junger Mann, steigen sie ein. So lange es sich dreht, ist es sicher, dass es weiter geht.  Immer weiter. Und schauen sie nach vorn. Dort vorn geht es weiter. Immer weiter“ /
Ich: (steigt in ein Riesenrad)

Ich steige also ein und sitze allein in einer kleinen geschlossenen Gondel. Ich schaue hinaus und sehe die ganze Welt unter mir. Ich genieße den wunderschönen Ausblick. Ich erfreue mich daran. Ich bin fasziniert von dem Perspektivwechsel. Nah und fern und nah und fern. Es scheinen Stunden zu vergehen bis ich jedes Detail dieser so strahlenden Welt in mich eingesogen habe. Ich beobachte den alten Mann in seiner Offziersuniform, der hin und wieder in die Riesenradbewegungsrichtungswechselzentrale eintritt und einen Richtungswechsel einleitet. Mal bin ich fast am Boden und kann ihm dabei  zusehen, wie er  in dem gläsernen Kasten mit beinahe jugendlich anmutender Freude seiner Arbeit nachgeht, mal bin ich hoch in der Luft und kann nur anhand seiner roten Kappe erkennen, dass er  wieder einmal in der Bewegungsrichtungswechselschaltzentrale steht und die Fahrtrichtung ändert. Ich bilde mir dabei ein, ich hörte ihn lachen und  „Weiter, immer weiter“, sagen. Irgendwann sinkt die Sonne am Horizont  und es wird dunkel  um mich herum. Noch strahlen die Lichter ausreichend hell um ein anderes, aber ebenso schönes Bild von der Welt die unter mir liegt zu zaubern. Immer wieder geht es  auf und ab und auf und ab. Nach und nach verlassen die anderen Passagiere das Fahrgeschäft und auch die Lichter in der Ferne erlöschen. Letztendlich bin ich der einzige Verbliebene in diesem so spektakulär großen Riesenrad. Ich schaue zum alten Mann hinab und frage mich, wann er mich wohl aussteigen lässt. Ich kann an einem kleinen Licht in seinem Häuschen erkennen, dass er noch immer seiner Arbeit nachgeht. Nach einer halben Ewigkeit erfüllt und erschüttert mich die Besorgnis, dass ich wohl für immer in dem unaufhörlich drehenden Riesenrad gefangen bin. Alle Lichter sind längst aus, nur das Licht in der Bewegungsrichtungswechselschaltzentrale flackert noch in seinen scheinbar letzten Zügen. Ich kann erkennen, wie der alte Offizier seinen Riesenradbewegungsrichtungswechselschaltzentralenoffiziersuniformskappenhalterungsanlagenbedienungsausweis in der Hand hält, seine Kappe aufhängt und dann das Licht ausknippst. Aus.

Erster Akt
Zweite Szene
Gondel
Ich: (hoffnungslos)

Es ist stockdunkel und es wird mit jeder Umdrehung kälter in der Gondel. Immer wieder versuche ich aus ihr auszubrechen, doch es gelingt mir nicht. Ich liege zusammengekauert auf der Sitzbank und bin von Dunkelheit und Kälte umhüllt. Ich fühle mich leer. Alle zuvor von mir eingesogenen so farbenprächtigen Details nehmen ein kaltes grau oder schwarz an, bis sie irgendwann endgültig verblassen. Ich empfinde dabei nichts. Nichts außer Einsamkeit. Ich schließe die Augen und sofort erscheint wieder Mayas Gesicht in meinem Kopf. Es  wirkt eisig und hart. Mein Herzschlag verlangsamt sich spürbar und parallel dazu scheint das Riesenrad sich mit jeder Minute schneller zu drehen. Schneller, immer schneller.

Erster Akt
Dritte Szene
In meinem Kopfe
Ich: (vegetierend)

Weiter, immer weiter. Ich befinde mich in einem komatösen Trancezustand. Ich habe jegliche Selbstbeherrschung und Kontrolle über mich selbst verloren. Ich bin ein Gefangener meines eigenen Körpers. Mein Schicksal ist umringt von unüberwindbaren Mauern.  Dann geschieht es ganz plötzlich. Ganz unerwartet verlasse ich diese innere Festung und finde mich an einem völlig anderen, aber ebenso dunklen Ort wieder.

Zweiter Akt
Erste Szene
Irgendwo in der Dunkelheit
Ich: (völlig ungewiss)

Ich taste mich in der Dunkelheit voran um mich fortzubewegen. Ein unterbewusstes, stark brennendes Gefühl leitet mich durch die pechschwarze Einsamkeit. Ich finde einen Schalter und betätige ihn. An. Es flackert sofort ein kleines, schwaches Lichtlein und vor mir erkenne ich die Umrisse eines Sicherungsausfallanzeigelampentransformators. Ganz ohne nachzudenken, setze ich die fehlenden und zerstörten Sicherungen in Stand. Es ist augenblicklich taghell. Ich schaue an mir herunter  und erkenne  an meiner Haltung und meinen Händen, dass ich mich in dem Körper eines alten, knöchrigen Greises befinde. Ich fühle mich ausgelaugt, leer und immer noch sehr einsam.

Zweiter Akt
Zweite Szene
Ein stilles Örtchen auf dem Rummelplatz

Ich/ Ein alter Mann in Offiziersuniform [ohne Kappe]: (wie ferngesteuert, ohne Selbstbeherrschung, mit wachen, jugendlich anmutenden Augen): „Wieder, immer wieder.“

Ich schaue an mir hinab. Jetzt befinde ich mich auf einer der vielen Sanitäranlagen des Rummeplatzes. Ich halte in meiner alten, faltigen Hand mein verschrumpeltes Glied und  Blicke auf meinen ebenso faltigen Sack hinab. Dann schließe ich die Augen und versuche mich zu entspannen. Erst jetzt wird mit bewusst  mit welchem Gefühl ich die Sehnsucht nach Mayas Liebe vergleichen kann. Es ist ein kaum zu ertragender Schmerz, ein unendlicher Druck.
                               
  – Es ist das Gefühl …
     zu müssen, aber nicht zu können.  

Ich/ Ein alter Mann in Offiziersuniform [ohne Kappe]: (langsam mit geschlossenen Augen tief ein-und ausatmend)
Quälend lang stehe ich an diesem Ort und nichts passiert. Es fühlt sich an, als würde mein Unterleib innerlich zerreißen. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als einfach loszulassen und mich von allen Lasten ein für alle Mal zu befreien.

Zweiter Akt
Dritte Szene
Am Scheideweg

Ich/ Ein alter Mann in Offiziersuniform [ohne Kappe]: (verharre am Höhepunkt)
(Traum aus)

Dann wache ich auf. Jedes Mal laufe ich dann völlig Blind, (den Weg unterbewusst genau wissend) durch die Dunkelheit, zum stillen Örtchen. Um mich zu erleichtern.  Ist das nicht völlig krank?  Das Gefühl, welches man empfindet - wenn man muss, aber nicht kann - wird jeder kennen. Jeder weiß wie quälend es ist zu warten, bis man nach stundenlangen Autofahrten endlich den erlösenden Rastplatz erreicht. Das Bedürfnis „es“ endlich raus zu lassen, ist auf ironische Weise in meinem Unterbewusstsein unauflösbar mit meinen Gefühlen für Maya verknüpft. Scheinbar hat sich in mir ein enormer Innerer Druck angestaut, den mein Körper durch genau dieses Ventil zu entlasten versucht. Es wirkt als sei mein Körper und mein Geist mit dieser Herausforderung heillos überfordert, sodass er nicht einmal zwischen diesen beiden augenscheinlich so grundverschiedenen Bedürfnissen zu unterscheiden vermag. Ich werde anfangen müssen meinen Traum genau zu analysieren um meinem „Über Ich“ die Kontrolle über „es“ zurück zu geben. Maya, was hast du mit mir gemacht? Fuck. Ich muss schon wieder aufs Klo.

Freitag, 15. März 2013

Liebes schwules Tagebuch, Teil 2



Mrs. Robinson, graue Augen, weißes Hemd.

Der Zustand meiner emotionalen und psychischen Verfassung scheint aussichtslos zu sein. Ein Blick in mich hinein führt ins Leere. Es ist alles tot, verödet, abgestorben. Ich bin völlig Verzweifelt. Ich habe keine Hoffnung mehr. Ich habe Maya endgültig verloren. Ich habe Maya -zu Recht- für immer verloren. Immer. Dieses Wort bereitet mir Schmerzen.  Nie in meinem Leben habe ich mich so schlecht gefühlt. Nie. Ich fühle mich leer. Wie konnte ich so dumm sein? Wie konnte ich glauben mit dieser Aktion irgendetwas zu bezwecken. Die Schuld auf den Alkohol zu schieben wäre eine Lüge. Ich muss mir nichts vormachen. Vielleicht hat der Alkohol an meiner Dummheit seinen Anteil gehabt, aber wenn ich ehrlich zu mir bin, dann war es etwas, dass tief in meinem Inneren schlummerte und einfach raus wollte. Wie dieses Ding bei Harry Potter, dieser Dreiköpfige Hund, der an Ketten vor der Kammer des Schreckens wacht. Fluffy heißt er glaub ich. Fluffy fühle ich mich gerade auch, meine Knie sind weich und mein Herz schlägt flach. Ich hasse mich dafür, dass ich so schwach bin. Ich will die letzte Nacht vergessen. Am liebsten würde ich einschlafen und nie wieder aufwachen. Nein. Das wäre zu gefährlich, ich könnte träumen und dann würde sie mir begegnen und mich mit ihren kalten grauen Augen verachtend anschauen. Die Augen, die einmal so schön blau funkelten und mein Herz im Sturm erobert haben.   Das würde mich nicht erlösen. Das würde es schlimmer machen. Ich schäme mich. Gerade wird mir bewusst, dass ich beim letzten Mal noch Witze darüber gemacht habe, dass ich wie ein kleines Mädchen Tagebuch schreibe. Jetzt gerade scheint es das Einzige zu sein, das mir hilft. Wenn mir überhaupt noch zu helfen ist. Die Ereignisse der letzten Nacht kommen mir so utopisch vor, dass in mir die Hoffnung aufkeimt, dass es doch nur ein Traum gewesen ist. Ein Traum aus dem ich hoffentlich bald aufwache. Ach, was schreibe ich da? Es war kein Traum, es war Realität, es war scheiße. Es ist nichts mehr zu retten. Ich bin nicht mehr zu retten. Maya scheint so unendlich weit weg zu sein, dass nicht mal ein Neutronenmikroskop mir helfen könnte auch nur noch einen winzig kleinen Blick auf ihr wunderschönes Lächeln zu erhaschen. Alles was mir bleiben wird sind die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit. Erinnerungen an das was andere wohl Liebe nennen würden. Liebe. Nie hätte ich geglaubt, dass es so etwas wirklich gibt. Ich war immer felsenfest davon überzeugt, dass die Menschen, die an Liebe glauben einfach nur schwach sind.  Nun bin ich genauso schwach, wie all die Idioten dort draußen, die sich auf dieses zerstörerische Unglück Liebe eingelassen haben. Dabei hat alles so gut angefangen. Alles passte perfekt zusammen. Jetzt passt nichts mehr, vor mir liegt dieser unendlich große Scherbenhaufen. Ein Versuch ihn wieder halbwegs zusammen zu setzen scheint sinnlos. Aussichtslos. Diesmal ist Ikarus wohl zu nah an die Sonne heran geflogen und hat sich ordentlich die Flügel verbrannt.  Das war es wohl erst einmal mit dem Fliegen. Es hat sich ausgeflogen. Ich bin richtig auf die Fresse geflogen. Bruchlandung kann man das nicht mehr nennen. Das war ein Absturz ins Bodenlose, mit einem Aufprall der sich gewaschen hat. Dieser fucking Max Herre von wegen, „fühlt sich wie fliegen an, sowas muss Liebe sein.“ Ich würde dem Spasten gerne mal zeigen wie Liebe sich  anfühlt. Und „Flugzeuge im Bauch“, welcher Schwächling denkt sich so einen Mist aus. Wissen die nicht, wie verheerend Flugzeugabstürze sind. Da bleibt nichts mehr von einem übrig. Es ist viel sicherer am Boden zu bleiben. Wie konnte ich mich darauf einlassen? Warum war ich so blind? Warum war ich so schwach? Die Maya-Airlines hat nun eine Absturzquote von einhundert Prozent. Scheiße, wenn man der einzige Passagier ist. Und Schuld an dem Absturz hat ihr neuer Kapitän. Captain Arno. Der Wichser hat sich vermutlich gemütlich von seinem Fallschirm nach unten tragen lassen und ist direkt in Mayas Bett gelandet. Kein Wunder, dass das Ding abgestürzt ist, die Räucherstäbchen in seinem Cockpit haben Maya wahrscheinlich so die Sinne vernebelt, dass ein Absturz unausweichlich war. Irgendwann wird auch sie auf den Boden der Tatsachen zurückkehren und merken, was für ein Bruchpilot ihr Captain Arno wirklich ist. Mir wird es nur leider nicht mehr helfen. Ich bin längst abgestürzt.  Genau wie letzte Nacht. Dabei wollte ich einfach nur feiern gehen. Mich endlich von den Ketten befreien und mal wieder Spaß haben. Ich habe mir ordentlich Mut angetrunken und bin im Eden gelandet, um dort von der kostbaren Frucht der Versuchung zu naschen. Ein Ort der Sünde. Eden ist ein Laden in dem Cougers jagt auf junge Männer machen. Ich dachte es wäre gut, wenn die erste Frau nach Maya ihr möglichst unähnlich ist. Ich wollte Maya für eine Nacht vergessen. Vielleicht wollte ich auch einfach verstehen, was Arno wohl hat, was ich nicht habe. Ich wollte verstehen, ob es wirklich die Erfahrung ist, die so reizvoll zu sein scheint. Ich weiß es war dumm. Nachher ist man immer schlauer. Naja, zumindest bin ich ziemlich schnell auf mein williges Objekt der Begierde gestoßen. Ich weiß nicht mehr wie sie heißt, dafür war ich zu betrunken. Sagen wir, Mrs. Robinson, dass finde ich passend. Sie war DIE Reinkarnation von Stiflers Mum, eine Milf, wie sie im Buche steht; wollüstige rote Lippen, blonde lange Haare und unglaublich straffe, große Brüste. Ich hätte nie gedacht, dass die Dinger in dem Alter noch so prall sein können. Jetzt weiß ich es besser. Aber das tut auch nichts zur Sache. Ich weiß nicht mehr worüber wir geredet haben. Ich weiß nur, dass ich in ihrem Bett gelandet bin. Das weiße Hemd, das ich trug hat sie mir buchstäblich vom Leib gerissen. Ich habe mit einer 45 jährigen Frau geschlafen. Nein. Eigentlich hat sie mit mir geschlafen. Nein. Eigentlich hat sie mich gefickt. Sie hat mich nach allen Regeln der Kunst vernascht und Dinge von mir verlangt von denen ich noch nie gehört hatte. Ich meine ich bin 25 und habe mit Sicherheit schon den einen oder anderen schlechte Film gesehen, aber das was ich gestern Nacht gesehen habe, war mir neu.  Ich habe mich dabei nicht gut gefühlt, ich habe mich um ehrlich zu sein ziemlich dreckig gefühlt. Ich habe daran gedacht, wie es mit Maya war. Ich habe mich daran erinnert, wie sie sich auf die Unterlippe gebissen hat, wenn ich nur in Boxershorts bekleidet durch ihr Zimmer lief. Ich wusste, dass sie das mag. Sie fand mich mal sexy. Sie hat es irgendwann einmal genossen mich zu sehen. Jetzt schaut sie mich nicht einmal mehr an. Oh Gott, wie ich ihre zarte, so unendlich gut riechende Haut vermisse und wie sehr ich mich nach den Berührungen ihrer schönen Hände auf meinem Körper sehne. Sie roch immer nach Sonne und Strand, das Parfum, dass sie trug hat sie von ihrer Freundin Jill zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ich habe das Gefühl, dass ich es heute noch rieche, wenn ich tief einatme. Ich will den Gedanken daran niemals verlieren. Es macht mich glücklich. Nein. Es hat mich glücklich gemacht. Ich kann kein Glück mehr spüren. Es scheint als sei alles Glück der Welt mit mir auf dem Boden zerschellt. Der Fehler den ich gestern Nacht begannen habe, war nicht mit dieser Fremden alten Frau zu schlafen. Der Fehler daran war, dabei an Maya zu denken. Ich habe mich nach der Nummer aus dem Staub gemacht. Ich habe mich schlecht gefühlt. Ich habe aus irgendeinem Grund das Gefühl gehabt, eine große Sünde begangen zu haben. Maya betrogen zu haben. Mein Gewissen riss mein Herz in Stücke, meine Seele brannte wie das Höllenfeuer.  Ich hatte das Bedürfnis es Maya sagen zu müssen, ihr zu sagen, dass sie die Einzige ist und ich bereue daran gezweifelt zu haben. Es war so als würde ich ihr gehören. Ich habe sie angerufen, ich habe ihr Nachrichten geschrieben um es ihr mitzuteilen, aber sie hat nicht geantwortet. Natürlich hat sie nicht geantwortet. Es war Mitten in der Nacht. Darüber habe ich in dem Moment nicht nachgedacht, ich redete mir ein, dass ihr vielleicht etwas zugestoßen ist. Ich hatte die völlig kranke Vorstellung davon, dass ich sie retten müsste. Retten aus den Fängen des fiesen Captain Arno. So betrunken wie gestern Nacht war ich noch nie. Ok, vielleicht an meinem 16ten Geburtstag, aber da habe ich mich so heftig eingekotzt, dass ich garantiert kein Telefon mehr hätte benutzen können. Geschweige denn davon zu träumen, Sex zu haben oder den edlen Ritter zu spielen. Wie ich das in diesem Zustand gestern hinbekommen habe, begreif ich genauso wenig, wie ich es verstehe warum ich verdammt nochmal zu Mayas Wohnung fahren konnte?! Fuck. Ich habe Sturm geklingelt und als endlich jemand die Tür öffnete Stand der Schlappenträger Captain Motherfucking Arno vor mir. In einem Nachthemd. Der Typ trägt Nachthemd. Alter. Diese Situation war filmreif. Der völlig betrunkene Ritter Ikarus Joern Cougerficker steht Auge in Auge mit seinem größten Feind, Captain Schlappenträger Arno, und der Typ trägt ein Nachthemd. Scheiße. Ich weiß nicht mehr was ich gesagt habe, ich glaub ich hab geheult. Ich hab ihn wahrscheinlich beleidigt. Aber als dann plötzlich Maya vor mir stand und mich mit diesen kühlen, kalten grauschimmernden Augen ansah, da blieb mein Herz stehen. Das einzige, was ich in dieser Situation sagen konnte war; „ Maya. Maya. Der Typ trägt Nachthemd.“ Hätte ich nur etwas anderes gesagt. Ihr meine Liebe gestanden und ihr ein für alle Male geschworen, sie wie eine Prinzessin zu behandeln, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Hätte ich ihr nur sagen können, dass ich nur Architekt werden will um ihr ein Schloss aus Träumen zu bauen, dass wäre zwar ziemlich weichlich, aber wahrhaft ritterlich gewesen. Stattdessen, sage ich:  Der Typ trägt Nachthemd. Wie dumm von mir. Aus der Bude der beiden roch es so dermaßen nach Räucherstäbchen und esoterischen Ölen, dass mir die Kombination aus Sturztrunk und Rauchschwaden wohl so heftig zugesetzt hat, dass dabei nichts rum kommen konnte.  Sie sagte nur, „ Joern, verpiss dich“ und schloss die Tür. Jetzt wo ich die ganze Scheiße aufgeschrieben habe, kann ich schon etwas darüber lachen. Wer hätte gedacht, dass mir so ein schwules Tagebuch, mal wirklich helfen könnte. Ich bin jetzt einfach zu müde um  noch weiter über die Sache mit Maya nachzudenken. Sie ist weg. Einfach weg. Wenn man ihre Augen gesehen hätte, dann würde man es verstehen. Ich werde jetzt schlafen, vielleicht sieht die Welt morgen schon ganz anders aus. Nacht liebes, schwules Tagebuch. Fuck. Bin ich eine Heulsuse.