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Freitag, 15. März 2013

Liebes schwules Tagebuch, Teil 2



Mrs. Robinson, graue Augen, weißes Hemd.

Der Zustand meiner emotionalen und psychischen Verfassung scheint aussichtslos zu sein. Ein Blick in mich hinein führt ins Leere. Es ist alles tot, verödet, abgestorben. Ich bin völlig Verzweifelt. Ich habe keine Hoffnung mehr. Ich habe Maya endgültig verloren. Ich habe Maya -zu Recht- für immer verloren. Immer. Dieses Wort bereitet mir Schmerzen.  Nie in meinem Leben habe ich mich so schlecht gefühlt. Nie. Ich fühle mich leer. Wie konnte ich so dumm sein? Wie konnte ich glauben mit dieser Aktion irgendetwas zu bezwecken. Die Schuld auf den Alkohol zu schieben wäre eine Lüge. Ich muss mir nichts vormachen. Vielleicht hat der Alkohol an meiner Dummheit seinen Anteil gehabt, aber wenn ich ehrlich zu mir bin, dann war es etwas, dass tief in meinem Inneren schlummerte und einfach raus wollte. Wie dieses Ding bei Harry Potter, dieser Dreiköpfige Hund, der an Ketten vor der Kammer des Schreckens wacht. Fluffy heißt er glaub ich. Fluffy fühle ich mich gerade auch, meine Knie sind weich und mein Herz schlägt flach. Ich hasse mich dafür, dass ich so schwach bin. Ich will die letzte Nacht vergessen. Am liebsten würde ich einschlafen und nie wieder aufwachen. Nein. Das wäre zu gefährlich, ich könnte träumen und dann würde sie mir begegnen und mich mit ihren kalten grauen Augen verachtend anschauen. Die Augen, die einmal so schön blau funkelten und mein Herz im Sturm erobert haben.   Das würde mich nicht erlösen. Das würde es schlimmer machen. Ich schäme mich. Gerade wird mir bewusst, dass ich beim letzten Mal noch Witze darüber gemacht habe, dass ich wie ein kleines Mädchen Tagebuch schreibe. Jetzt gerade scheint es das Einzige zu sein, das mir hilft. Wenn mir überhaupt noch zu helfen ist. Die Ereignisse der letzten Nacht kommen mir so utopisch vor, dass in mir die Hoffnung aufkeimt, dass es doch nur ein Traum gewesen ist. Ein Traum aus dem ich hoffentlich bald aufwache. Ach, was schreibe ich da? Es war kein Traum, es war Realität, es war scheiße. Es ist nichts mehr zu retten. Ich bin nicht mehr zu retten. Maya scheint so unendlich weit weg zu sein, dass nicht mal ein Neutronenmikroskop mir helfen könnte auch nur noch einen winzig kleinen Blick auf ihr wunderschönes Lächeln zu erhaschen. Alles was mir bleiben wird sind die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit. Erinnerungen an das was andere wohl Liebe nennen würden. Liebe. Nie hätte ich geglaubt, dass es so etwas wirklich gibt. Ich war immer felsenfest davon überzeugt, dass die Menschen, die an Liebe glauben einfach nur schwach sind.  Nun bin ich genauso schwach, wie all die Idioten dort draußen, die sich auf dieses zerstörerische Unglück Liebe eingelassen haben. Dabei hat alles so gut angefangen. Alles passte perfekt zusammen. Jetzt passt nichts mehr, vor mir liegt dieser unendlich große Scherbenhaufen. Ein Versuch ihn wieder halbwegs zusammen zu setzen scheint sinnlos. Aussichtslos. Diesmal ist Ikarus wohl zu nah an die Sonne heran geflogen und hat sich ordentlich die Flügel verbrannt.  Das war es wohl erst einmal mit dem Fliegen. Es hat sich ausgeflogen. Ich bin richtig auf die Fresse geflogen. Bruchlandung kann man das nicht mehr nennen. Das war ein Absturz ins Bodenlose, mit einem Aufprall der sich gewaschen hat. Dieser fucking Max Herre von wegen, „fühlt sich wie fliegen an, sowas muss Liebe sein.“ Ich würde dem Spasten gerne mal zeigen wie Liebe sich  anfühlt. Und „Flugzeuge im Bauch“, welcher Schwächling denkt sich so einen Mist aus. Wissen die nicht, wie verheerend Flugzeugabstürze sind. Da bleibt nichts mehr von einem übrig. Es ist viel sicherer am Boden zu bleiben. Wie konnte ich mich darauf einlassen? Warum war ich so blind? Warum war ich so schwach? Die Maya-Airlines hat nun eine Absturzquote von einhundert Prozent. Scheiße, wenn man der einzige Passagier ist. Und Schuld an dem Absturz hat ihr neuer Kapitän. Captain Arno. Der Wichser hat sich vermutlich gemütlich von seinem Fallschirm nach unten tragen lassen und ist direkt in Mayas Bett gelandet. Kein Wunder, dass das Ding abgestürzt ist, die Räucherstäbchen in seinem Cockpit haben Maya wahrscheinlich so die Sinne vernebelt, dass ein Absturz unausweichlich war. Irgendwann wird auch sie auf den Boden der Tatsachen zurückkehren und merken, was für ein Bruchpilot ihr Captain Arno wirklich ist. Mir wird es nur leider nicht mehr helfen. Ich bin längst abgestürzt.  Genau wie letzte Nacht. Dabei wollte ich einfach nur feiern gehen. Mich endlich von den Ketten befreien und mal wieder Spaß haben. Ich habe mir ordentlich Mut angetrunken und bin im Eden gelandet, um dort von der kostbaren Frucht der Versuchung zu naschen. Ein Ort der Sünde. Eden ist ein Laden in dem Cougers jagt auf junge Männer machen. Ich dachte es wäre gut, wenn die erste Frau nach Maya ihr möglichst unähnlich ist. Ich wollte Maya für eine Nacht vergessen. Vielleicht wollte ich auch einfach verstehen, was Arno wohl hat, was ich nicht habe. Ich wollte verstehen, ob es wirklich die Erfahrung ist, die so reizvoll zu sein scheint. Ich weiß es war dumm. Nachher ist man immer schlauer. Naja, zumindest bin ich ziemlich schnell auf mein williges Objekt der Begierde gestoßen. Ich weiß nicht mehr wie sie heißt, dafür war ich zu betrunken. Sagen wir, Mrs. Robinson, dass finde ich passend. Sie war DIE Reinkarnation von Stiflers Mum, eine Milf, wie sie im Buche steht; wollüstige rote Lippen, blonde lange Haare und unglaublich straffe, große Brüste. Ich hätte nie gedacht, dass die Dinger in dem Alter noch so prall sein können. Jetzt weiß ich es besser. Aber das tut auch nichts zur Sache. Ich weiß nicht mehr worüber wir geredet haben. Ich weiß nur, dass ich in ihrem Bett gelandet bin. Das weiße Hemd, das ich trug hat sie mir buchstäblich vom Leib gerissen. Ich habe mit einer 45 jährigen Frau geschlafen. Nein. Eigentlich hat sie mit mir geschlafen. Nein. Eigentlich hat sie mich gefickt. Sie hat mich nach allen Regeln der Kunst vernascht und Dinge von mir verlangt von denen ich noch nie gehört hatte. Ich meine ich bin 25 und habe mit Sicherheit schon den einen oder anderen schlechte Film gesehen, aber das was ich gestern Nacht gesehen habe, war mir neu.  Ich habe mich dabei nicht gut gefühlt, ich habe mich um ehrlich zu sein ziemlich dreckig gefühlt. Ich habe daran gedacht, wie es mit Maya war. Ich habe mich daran erinnert, wie sie sich auf die Unterlippe gebissen hat, wenn ich nur in Boxershorts bekleidet durch ihr Zimmer lief. Ich wusste, dass sie das mag. Sie fand mich mal sexy. Sie hat es irgendwann einmal genossen mich zu sehen. Jetzt schaut sie mich nicht einmal mehr an. Oh Gott, wie ich ihre zarte, so unendlich gut riechende Haut vermisse und wie sehr ich mich nach den Berührungen ihrer schönen Hände auf meinem Körper sehne. Sie roch immer nach Sonne und Strand, das Parfum, dass sie trug hat sie von ihrer Freundin Jill zum Geburtstag geschenkt bekommen. Ich habe das Gefühl, dass ich es heute noch rieche, wenn ich tief einatme. Ich will den Gedanken daran niemals verlieren. Es macht mich glücklich. Nein. Es hat mich glücklich gemacht. Ich kann kein Glück mehr spüren. Es scheint als sei alles Glück der Welt mit mir auf dem Boden zerschellt. Der Fehler den ich gestern Nacht begannen habe, war nicht mit dieser Fremden alten Frau zu schlafen. Der Fehler daran war, dabei an Maya zu denken. Ich habe mich nach der Nummer aus dem Staub gemacht. Ich habe mich schlecht gefühlt. Ich habe aus irgendeinem Grund das Gefühl gehabt, eine große Sünde begangen zu haben. Maya betrogen zu haben. Mein Gewissen riss mein Herz in Stücke, meine Seele brannte wie das Höllenfeuer.  Ich hatte das Bedürfnis es Maya sagen zu müssen, ihr zu sagen, dass sie die Einzige ist und ich bereue daran gezweifelt zu haben. Es war so als würde ich ihr gehören. Ich habe sie angerufen, ich habe ihr Nachrichten geschrieben um es ihr mitzuteilen, aber sie hat nicht geantwortet. Natürlich hat sie nicht geantwortet. Es war Mitten in der Nacht. Darüber habe ich in dem Moment nicht nachgedacht, ich redete mir ein, dass ihr vielleicht etwas zugestoßen ist. Ich hatte die völlig kranke Vorstellung davon, dass ich sie retten müsste. Retten aus den Fängen des fiesen Captain Arno. So betrunken wie gestern Nacht war ich noch nie. Ok, vielleicht an meinem 16ten Geburtstag, aber da habe ich mich so heftig eingekotzt, dass ich garantiert kein Telefon mehr hätte benutzen können. Geschweige denn davon zu träumen, Sex zu haben oder den edlen Ritter zu spielen. Wie ich das in diesem Zustand gestern hinbekommen habe, begreif ich genauso wenig, wie ich es verstehe warum ich verdammt nochmal zu Mayas Wohnung fahren konnte?! Fuck. Ich habe Sturm geklingelt und als endlich jemand die Tür öffnete Stand der Schlappenträger Captain Motherfucking Arno vor mir. In einem Nachthemd. Der Typ trägt Nachthemd. Alter. Diese Situation war filmreif. Der völlig betrunkene Ritter Ikarus Joern Cougerficker steht Auge in Auge mit seinem größten Feind, Captain Schlappenträger Arno, und der Typ trägt ein Nachthemd. Scheiße. Ich weiß nicht mehr was ich gesagt habe, ich glaub ich hab geheult. Ich hab ihn wahrscheinlich beleidigt. Aber als dann plötzlich Maya vor mir stand und mich mit diesen kühlen, kalten grauschimmernden Augen ansah, da blieb mein Herz stehen. Das einzige, was ich in dieser Situation sagen konnte war; „ Maya. Maya. Der Typ trägt Nachthemd.“ Hätte ich nur etwas anderes gesagt. Ihr meine Liebe gestanden und ihr ein für alle Male geschworen, sie wie eine Prinzessin zu behandeln, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Hätte ich ihr nur sagen können, dass ich nur Architekt werden will um ihr ein Schloss aus Träumen zu bauen, dass wäre zwar ziemlich weichlich, aber wahrhaft ritterlich gewesen. Stattdessen, sage ich:  Der Typ trägt Nachthemd. Wie dumm von mir. Aus der Bude der beiden roch es so dermaßen nach Räucherstäbchen und esoterischen Ölen, dass mir die Kombination aus Sturztrunk und Rauchschwaden wohl so heftig zugesetzt hat, dass dabei nichts rum kommen konnte.  Sie sagte nur, „ Joern, verpiss dich“ und schloss die Tür. Jetzt wo ich die ganze Scheiße aufgeschrieben habe, kann ich schon etwas darüber lachen. Wer hätte gedacht, dass mir so ein schwules Tagebuch, mal wirklich helfen könnte. Ich bin jetzt einfach zu müde um  noch weiter über die Sache mit Maya nachzudenken. Sie ist weg. Einfach weg. Wenn man ihre Augen gesehen hätte, dann würde man es verstehen. Ich werde jetzt schlafen, vielleicht sieht die Welt morgen schon ganz anders aus. Nacht liebes, schwules Tagebuch. Fuck. Bin ich eine Heulsuse.

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